Am Dienstag, den 16. Mai 2017 konnten nach längeren Bemühungen des Museumsvereins der Stadt Forst (Lausitz) e.V. zwei Rollböcke für die Präsentation der Forster Stadteisenbahn „Schwarze Jule“ erworben werden, da in Forst selbst keine Rollböcke aus der Betriebszeit der Stadtbahn von 1893 bis 1965 erhalten sind. Die dazu notwendigen finanziellen Eigenmittel wurden entsprechend eines Beschlusses der Mitgliederversammlung bereit gestellt.
Die Rollböcke mit den Nummern 40 und 107 stammen von der früheren Ottenser Industriebahn in Hamburg. Sie befanden sich auf dem Gelände der Museumsbahnen Schönberger Strand bei Kiel, zugehörig zum „Verein der Verkehrsamateure und Museumsbahn e. V.“ Hamburg (VVM). Dankenswerter Weise gab der Verein zwei solcherart Rollböcke aus seinem Bestand ab, zumal auch bundesweit offiziell keine solche Rollböcke zur Abgabe angeboten wurden.
Die Ottenser Rollböcke stammen allerdings aus Görlitzer Produktion. In Forst kamen früher solche aus der Maschinenfabrik Esslingen zum Einsatz. Beide Rollbockausführungen unterscheiden sich, wenn auch geringfügig, in Konstruktion und Aussehen. Für spätere Ausstellungs- und Demonstrationszwecke ist aber entscheidend, dass beide Ausführungen ein Straßenbahnprofil mit nur 50 mm breiten Laufflächen, schmaleren Spurkränzen und eine Spurweite von 1000 mm aufweisen. Somit kann der Transport der breiteren Regelspurwaggons (1435 mm) des „regulären“ Eisenbahnbetriebes authentisch nachgestellt werden, so wie es die Forster Stadteisenbahn in ihrer Betriebszeit praktizierte. Ohne diese Rollbocktechnik hätten alle ankommenden Gütertransporte der breiteren Regelspurwaggons am Bahnhof ent- oder umgeladen werden müssen, ehe die verschiedensten Güter, ob nun Kohle, Getreide, Schlachtvieh oder diverse Vorprodukte die Tuchfabriken und anderen Industriebetriebe im Stadtgebiet erreichen konnten.
Über sogenannte Rollbockgruben am Bahnhof der Stadteisenbahn konnten die Achsen der breiteren Waggons auf die mit Sicherungsbügeln arretierten Aufnahmegabeln der Rollböcke manuell „aufgesattelt“ werden, eine nicht ungefährliche und auch schmutzige Arbeit.
Die Beschaffung der Rollböcke durch den Museumsverein der Stadt Forst (Lausitz) e. V. soll ein weiteres Zeichen sein und die Ernsthaftigkeit unterstreichen, die „Schwarze Jule“ auf dem Gelände des Brandenburgischen Textilmuseums in Forst, Sorauer Straße 37 unterzubringen, so wie es auch der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 9. Dezember 2016 festlegt. Im Mai 2018 anlässlich „125 Jahre Forster Stadteisenbahn“ sollen beide Rollböcke überprüft und funktionstüchtig der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ein perspektivisch geplanter Erwerb eines Flachwaggons zur Demonstration des Rollbockbetriebes ist letztlich abhängig davon, ob dessen Unterbringung in einem funktionellen, noch zu errichtenden „Lokschuppen“ gewährleistet werden kann.
Für das Gelingen dieser Aktion bedankt sich der Museumsverein Forst (Lausitz) e. V. beim Vorstand des VVM unter Dr. Harald Elsner, insbesondere aber bei dessen Vereinsmitgliedern Arne Hensen und Jan Dobert für ihre Hilfe beim Rangieren und Verladen. Der Spedition C. Spaarmann, Logistics GmbH, Niederlassung Forst, in Person von Veronika Schulz und dem Transportunternehmen Overseas GmbH aus Simmersdorf gebührt ebenso ein Dank für ihren Einsatz. Gerade beim Transport solcher speziellen Güter wie der Rollböcke kann es doch zu Problemen kommen. So konnte der Kran der VVM die vertikale Verladung der jeweils etwa 1,2 t schweren Rollböcke letztlich nicht ausführen. Durch den Fahrer des Fuhrunternehmens André Boas wurde kurzerhand der Radlader einer in der Nähe tätigen Baukolonne zu Hilfe gerufen. Wenn auch nicht begeistert über diese Arbeitsunterbrechung halfen diese Kollegen, so dass durch die persönliche Initiative von André Boas der Transport überhaupt, wenn auch mit Verspätung stattfinden konnte. Auf dem Hof des Museums in Forst folgte die vorerst letzte Etappe, die erfolgreiche Abladung mit einem Gabelstapler der Forster Firma Mebra, ausgeführt von Hagen Pusch. Die Rollböcke wurden auf die historischen Gleisreste im Hof des Museums gestellt. – Eine erste Gleisberührung durch Eisenbahntechnik nach über 50 Jahren!