Gesprächsabend in der Reihe “Reden über Philosophie, Kunst und Politik” mit Dr. Pětš Šurman (Historiker, Sorbisches Institut) und Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (Philosoph) über die Minderheitenpolitik in der frühen DDR
Donnerstag, 25.8.2016, 19 Uhr
Tenglers Buchhandlung, Markt 11, 01968 Senftenberg
Die Meinungen darüber, wie die Minderheitenpolitik der DDR zu bewerten sei, gehen weit auseinander. Teilweise prallen auch gegensätzliche Positionen aufeinander. Wer sich heute für die Förderung des Sorbischen/Wendischen einsetzt, bekommt schon mal zu hören, dass er wohl die DDR wiederhaben möchte, wo „den Sorben Zucker in den Hintern geblasen wurde“. Andere sehen im Untergang der DDR die Befreiung der Sorben/Wenden von Bevormundung, Vereinnahmung und Willkür. Eine weitere Position im Streiten ist, dass nach der politischen „Wende“ von 1989 endlich die Befreiung der Wenden von der Dominanz der Sorben auf der Tagesordnung stünde.
Eine unübersichtliche Problemlage also, die es interessierten Laien nicht gerade leicht macht, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Denn obwohl die Geschichte der Sorben während der DDR-Zeit in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus der Forschung rückte, mangelte es bisher jedoch an einer systematischen Sichtung, Ordnung und Zugänglichmachung der unzähligen Quellen dieser Epoche.
PETER SCHURMANN (PĔ̌TŠ ŠURMAN) hat es sich in seinem soeben erschienenen Buch zur Aufgabe gemacht, für die frühen Jahre des SED-Staates die wichtigsten Akten und Dokumente aufzubereiten und zu veröffentlichen. Etwa 190 Schriftstücke geben Auskunft über die Entwicklung, die Aufgaben und das Funktionieren der staatlichen Minderheitenpolitik in den 1950er Jahren. Der Autor gewährt Einblicke in die Umsetzung des sogenannten Sorbengesetzes und die dazugehörigen Strukturveränderungen sowie in das Verhältnis von staatlichen Instanzen, Parteien und gesellschaftlichen Organisationen zu sorbischen Belangen. Ebenso beleuchtet wird die Tätigkeit des Sorbischen Kultur- und Volksbildungsamtes bzw. der späteren Hauptabteilung Sorbenfragen, die das sorbische Bildungs- und Kulturleben kontrollierte.
Der von ROLF HENRICH Ende der 1980er Jahre für die DDR geprägte Begriff vom „vormundschaftlichen Staat“ soll in dem von GERD-RÜDIGER HOFFMANN moderierten Gespräch auf seine Tauglichkeit zur Erklärung einer widersprüchlichen Minderheitenpolitik geprüft werden.
Literatur: Peter Schurmann: Sorbische Interessen und staatliche Minderheitenpolitik in der DDR. Quellenedition (1947–1961), Bautzen 2016, 671 S. (29,90 €)
pm/red
Foto: Peter Becker