Da gibt es derzeit richtig großes Musiktheater am kleinen Senftenberger Schauspielhaus – ein Musical mit 24 Sängerinnen, einem Sänger und einem Musiker, der dank elektronischer Hilfe das Orchester ersetzt – und zugleich musikalischer Leiter, Komponist und Co-Regisseur des Ganzen ist: Sven Irrgang. Stückidee und Umsetzung in Buch, Regie, Bühne und Kostüm stammen von Franziska Golk und wurden gemeinsam mit den Jugendlichen weiterentwickelt. Auch die äußerst anspruchsvolle Choreographie liefert Franziska Golk.
Diese komplette Eigenproduktion des Musicalensembles der neuen Bühne Senftenberg und der Musikschule des Landkreises Oberspreewald-Lausitz ist ganz, ganz großes Theater, ist eine wirklich außerordentliche Leistung auf sehr hohem Niveau.
Das sind alles Schüler da vorn, die darstellerisch, sängerisch und tänzerisch derart professionell und zugleich voller Lust und Freude agieren, als ob sie nie etwas anderes machen würden?
Ja! Kaum zu glauben. Großartig!
Liebe Theater- und Musikschulleitung, ermöglicht bitte weitere Vorstellungen, liebe Schulen, seid flexibel mit Freistellungen – diese 25 erreichen für´s eigene Leben mehr, wenn sie dieses Bühnenerlebnis noch oft zeigen dürfen, als in vielen Schulstunden. Und sie erreichen sehr viel auch bei denen, die sie sehen können und dabei Anregungen erhalten, durch das Stück an sich und durch die Jugendlichen auf der Bühne als Beleg, wie gut man Freizeit verbringen und sich verwirklichen kann.
Denn die da vorn spielen mitten aus dem Leben, nein – mitten im Leben des jungen Erwachsenwerdens. „Ich bin nicht Fisch und nicht Fleisch, nicht groß und nicht klein, nicht schwarz und nicht weiß, sondern immer dazwischen. Ich bin Sophie, 15 und genauso langweilig, wie das kleine Kaff, in dem ich lebe.“, zitiert das Programmheft. Und da dort so wunderbar erklärt ist, was weiter passiert, versuche ich es erst garnicht mit Umschreibungen: „Sophie kämpft tagtäglich mit den Problemen einer Jugendlichen: Leistungsdruck und Stress in der Schule, nervige Lehrer, schwierige Eltern, Zukunftsängste, Singledasein. Das innere Chaos ihres jugendlichen Kopfes macht das Leben nicht gerade leichter. Hoffnung, Vernunft, Egozentrik, Neugier, Schweinehund, inneres Kind und innere Frau sind ständig präsent und kommentieren jede Handlung. Als plötzlich die außergewöhnliche Miriam in Sophies Leben auftaucht, gerät ihre Gefühlswelt vollkommen durcheinander.“
Der Ansatz, den Franziska Golk und Sven Irrgang dann fanden, um diese Ambivalenz in Szenen zu fassen, ist nahezu genial. Das genannte innere Chaos bekommt vielfache, unmittelbare Gestalt. Jede dieser Eigenschaften, Wünsche und Wirrungen ist als eigene Figur gezeichnet und als diese äußerst individuell erarbeitet. Hinzu kommen die äußeren „echten“ Personen. Mitschüler, eine Lehrerin, die Mutter – alle zugleich authentisch und spannend. Es werden Situationen mit hoher Brisanz gezeigt, die eben so jedoch das Jungsein bestimmen und all das Durcheinander beinhalten. Allein, was hier aufgegriffen wird, sorgt für höchste Ansprüche in der bühnenseitigen Umsetzung. Mutig und ehrlich im Thema und voll Vertrauen in die Leistung des jungen Teams. Ein vollkommen gerechtfertigtes Vertrauen, wie das Ergebnis zeigt.
Es singt und spielt das Ensemble als mitreißende Einheit und wir sehen Sololeistungen in vollkommenerer Souveränität. Alles in allem passiert hier Musical in einer Art, die ich mancher Profiproduktion immer vorziehen würde. Nicht zuletzt, da Schwarz.Weiß.Ich. Theater ist und echt zugleich. Vielen Dank für dieses Erlebnis an: Sophie, Sarah Lapawa; Sophies Mutter/Lehrerin, Antonia Gucksch; Das jüngere Ich der Mutter, Carolin Strohmeier; Sophies kleine Schwester Anna, Aline Gleixner; Die Vernunft, Anna Lena Wrobel & Lisa Lehmann; Die Neugier, Lydia Tonn &
Amelie Rother; Die Hoffnung, Charlott Förster; Die Egozentrik, Laura Hacke; Der Schweinehund, Laura Winkler; Die innere Frau, Julia Zemmler; Das innere Kind, Maria Schellnock; Miriam, Saskia Fillinger; Martin, David Scholz; Milena, Michelle Krüger; Elli, Julia Manuel; weitere Klassenkameraden, Emy-Sue Bathow, Lara Berger, Julia Czaika, Johanna Grauer, Emilia Heimburger Charlott Riedel, Jessie Thieme und Carla Weinhold.
Die kommenden Vorstellungen finden am 24. Mai um 19 Uhr und 25. Mai um 10 Uhr statt.