„Wie Perlen an einer Schnur reihen sich unsere Gedenktreffen hier in Mühlberg“, sagte der 1. Vorsitzende der Initiativgruppe „Lager Mühlberg“, Pfarrer Matthias Taatz, als er am 9. September zum nunmehr 27. Mahn- und Gedenktreffen wiederum zahlreiche Gäste aus der gesamten Bundesrepublik am Hochkreuz begrüßen konnte. Im Mittelpunkt auch des diesjährigen Treffens der Opfer und Hinterbliebenen stand das gemeinsame Gedenken an die über 6.766 Toten zunächst auf dem Soldatenfriedhof Neuburxdorf und anschließend im Speziallager Nr. 1 des sowjetischen Geheimdienstes NKDW. Mühlbergs Bürgermeisterin Hannelore Brendel sagte: „Wir wollen uns an eine Zeit erinnern, die zu verblassen scheint. Doch noch gibt es einige Überlebende. Mit ihnen und ihren Angehörigen wollen wir an dieser Stelle einmal im Jahr derer gedenken, die eine schreckliche Zeit vor über 70 Jahren nicht überlebt haben.“ Sie selbst sei entsetzt über das, was sich heute, auch vor der Haustür Europas, an Kriegen, Verfolgungen und Morden ereignet. Nicht nur die älteren fragen sich, wie man eine so schreckliche Zeit wie die des 2. Weltkrieges und was danach kam, so schnell vergessen kann. „Das Ausspielen und Aufhetzen der Völker geht weiter“, sagte Hannelore Brendel. Deshalb sollte die Verständigung unter den Menschen an erster Stelle stehen. Jeder Besucher Mühlbergs kann sich auch unangemeldet an Schautafeln über die Schrecken des Lagers informieren und sehen, was hier geschah. Es ist ein Ort der ständig daran erinnert, was aus geschürtem Hass Menschen anderen Menschen antun können.
Brandenburgs Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Martina Münch, musste in ihrer Gedenkrede eingestehen: „Die Welt scheint aus den Fugen geraten zu sein. Darum muss man über die Vergangenheit sprechen und dagegen halten.“ Sie wusste, dass für viele der zweite Weltkrieg mit seinem Elend und den vielen Toten nicht am 8. Mai 1945 vorbei war. Für Tausende schlossen sich die Türen der Freiheit bereits kurze Zeit später wieder in den Speziallagern des sowjetischen Geheimdienstes NKDW. Eines davon stand bis 1948 in Mühlberg. Sie dankte ganz besonders der Initiativgruppe „Lager Mühlberg“ für ihre unverzichtbare Erinnerungsarbeit seit 1990.
„Das Leid der stalinistischen Diktatur blieb Jahrzehnte unausgesprochen. Die tiefe Missachtung der Menschenwürde und die zahllosen Verbrechen können diese Gedenktreffen zwar nicht wieder gut machen, doch wir können heute darüber öffentlich reden. Auch Mühlberg ist neben leider vielen solcher Stätten in Brandenburg ein Ort des Erinnerns, des Nachdenkens und somit des Verhinderns solcher Geschehnisse. Es ist von riesiger Bedeutung besonders für jungen Menschen, das die Erinnerungen an diese Zeit nicht verloren gehen.“ An dieser Stelle bei Mühlberg schaut man in die Geschichte zweier Systeme und ist erschüttert, was Menschen Menschen antun können. Dabei war es noch Anfang der 90ger Jahre fraglich, ob man an einem Ort und an einem Datum an beide Lager gleichzeitig erinnern kann. Doch die selbst gestellte Aufgabe der Initiativgruppe, beide Lagergeschichten zu verbinden, wurde gelöst. Rund 22.000 Menschen sind durch das Lager mit all seinen Scheußlichkeiten gegangen.