Langennaundorf und Tröbitz müssen weiter Orte des Erinnerns und der Mahnung bleiben
Im Landkreis wurde am 25. April anlässlich des 71. Jahrestages der Befreiung jüdischer Häftlinge aus dem Todeszug des Konzentrationslagers Bergen-Belsen an mehreren Orten der Opfer gedacht. Der Kreistagsvorsitzende Thomas Lehmann und Landtagsabgeordneter Rainer Genilke legten an der Gedenkstätte im Langennaundorfer Forst einen Kranz nieder. In Ansprachen erinnerten der Rabbiner Dr. Walter Rotschild, der Bürgermeister der Stadt Uebigau-Wahrenbrück, Andreas Claus, sowie weitere Teilnehmer der Gedenkveranstaltungen an die unzähligen Opfer, die der letzte Bahntransport des Konzentrationslagers Bergen-Belsen nach Theresienstadt gefordert hatte. Gemeinsam riefen sie dazu auf, die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus lebendig zu halten. Wachgehalten werden sollte auch die Erinnerung an die im November letzten Jahres verstorbene Erika Arlt, die sich gemeinsam mit ihrem Mann Richard seit den 1970ger Jahren mit dem Transport beschäftigte, Forschung zur Aufarbeitung betrieb, unzählige Materialien rund um den Transport sammelte und zahlreiche Einzelschicksale dokumentierte und veröffentlichte. Dr. Peter Fischer vom Zentralrat der Juden in Berlin sagte, es gehe jedoch in letzter Zeit ein gesellschaftlicher Vertrauensverlust um. Kriege, Flüchtlinge, Börsenstürze, Krankheiten und Politik führen zu großen Sorgen bei den Menschen hierzulande. Ein übertriebener Nationalismus schaffe momentan den Grundstein für geschichtliche Missverständnisse, der zu Fremdenfeindlichkeit und Hass führe. Nach seinem Verständnis kehre der „braune Krebs“ zurück in die Köpfe vieler Menschen. Man bevorzuge leichte Antworten auf ernsthafte Probleme der Gesellschaft. Doch jeder müsse seinen eigenen Zugang zur ehrlichen Aufarbeitung der Tragödien vor über 70 Jahren finden. Deshalb sei er sehr glücklich, dass auch junge Menschen, wie in Langennaundorf und Tröbitz, zu den Gedenkveranstaltungen kommen.
Der Todeszug aus Bergen-Belsen ging als „Verlorener Transport“ in die Geschichte ein. Im April 1945 transportierten die Nazis Häftlinge aus dem Konzentrationslager Bergen-Belsen in Eisenbahnwaggons nach Theresienstadt. Angesichts der vorrückenden Front änderte der Todeszug mit den aus mehr als zwölf Ländern stammenden jüdischen Häftlingen mehrmals seine Richtung und blieb schließlich am 20. April 1945 im Langennaundorfer Forst stehen. Die zerstörte Eisenbahnbrücke bei Falkenberg verhinderte die Weiterfahrt. Am 23. April 1945 befreite die Rote Armee über 2.000 todkranke Menschen aus den Waggons. Bereits während der Fahrt waren über 100 Häftlinge an Flecktyphus gestorben. In den folgenden Wochen starben noch einmal rund 300 Menschen. Viele der Toten wurden auf einem eigens dafür angelegten jüdischen Friedhof beigesetzt, andere fanden in Gräbern im Umkreis der Gemeinden Tröbitz und Schilda ihre letzte Ruhestätte, so unter anderem am Bahnkilometer 101,6 bei Langennaundorf. Dort, im Wald direkt am Bahndamm, wurde am 23. April 1989 die Gedenkstätte für die jüdischen Opfer des Faschismus eingeweiht. Auch in Tröbitz wurde am 25. April der jüdischen Opfer aus dem „Verlorenen Transport“ gedacht.
Quelle & Fotos: Landkreis Elbe-Elster