Anlässlich des Internationalen Tages gegen Rassismus eröffnet das Menschenrechtszentrum Cottbus e.V. (Bautzener Straße 140) am Mittwoch, den 21. März, um 18:30 Uhr die Ausstellung „Die verordnete Solidarität – der Umgang mit „Fremden“ in der DDR“ des Archivs Bürgerbewegung Leipzig.
Die Ideen des proletarischen Internationalismus, der Völkerfreundschaft und der antiimperialistischen Solidarität bildeten die politische Leitlinie in der DDR. Wie aber war die Realität? Der Aufenthalt von Ausländern, d.h. die Aufnahme von Asylsuchenden, ausländischen Studenten und Vertragsarbeitnehmern stand unter dem Primat von politischen Interessen der DDR. Die Vertragsarbeitnehmer bildeten unter den ca. 191.000 Ausländern, die sich am 3. Oktober 1990 in der DDR aufhielten und nie mehr als rund 1% der Wohnbevölkerung ausmachten, die Mehrheit. Während in den 60er und 70er Jahren vorwiegend die Anwerbung von Arbeitskräften aus Polen, Ungarn und Algerien forciert wurde, änderte sich diese Politik in den 80er Jahren schlagartig, da diese Staaten als „Abweichlerstaaten“ angesehen wurden. Wegen des Arbeitskräftemangels in der DDR musste der Arbeitskräftetransfer aus Vietnam, Mosambik und Angola gesteigert werden. Auf Grund des Rotationsprinzips, d.h. dass die Vertragsarbeiter nach vier bis fünf Jahren in ihre Heimat zurückkehren sollten, war Integration und damit Einbindung in gesellschaftliche Strukturen der DDR kein Ziel. Bezeichnend für diese Politik war die Verfahrensweise bei Schwangerschaft vietnamesischer Frauen, die in solchen Fällen entweder die Schwangerschaft abbrechen sollten oder die vorzeitige Heimreise antreten mussten. Dieser offiziellen Politik stand das persönliche Engagement von Bürgern, Kirchen aber auch Betrieben entgegen, die sich um die Belange von Ausländern gekümmert haben.
Die Ausstellung, die bis zum 30. April im Menschenrechtszentrum Cottbus zu sehen sein wird, informiert über die verschiedenen Phasen der Ausländerpolitik der DDR, die Rahmenbedingungen für die Lebenssituation der ausländischen Gruppen sowie das Engagement der Zivilgesellschaft. Es werden jedoch auch fremdenfeindliche und antisemitische Tendenzen in der Bevölkerung aufgezeigt, die von der offiziellen Politik und in der Öffentlichkeit verschwiegen wurden. Schlussendlich wird ein Exkurs in die 90er Jahre und die heutige Zeit gemacht. „Die Gründe der höheren Feindseligkeit und Angst vor “Fremden“ eines Teils der ostdeutschen Bevölkerung sind vielschichtig. Sie liegen unter anderem in der von der SED-Führung geprägten Politik. Die verordnete Solidarität und die Abschottung des Großteils der Ausländer in der DDR führen bis heute zu Empathiedefiziten“, stellen die Ausstellungsmacher in ihrem Fazit fest.
Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung wird über das Thema der Ausstellung mit Experten diskutiert. Im Podium sind vertreten:
– Dr. Steffen Alisch, Historiker, der seit Jahren zum Thema Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in der DDR forscht
– Gerlinde Zickert, Leiterin der Sachsendorfer Oberschule in Cottbus, die seit 1976 in Cottbus lebende ausländische Kinder aufgenommen hat
– Patricia Fuentealba, die als Chilenin mit ihren Eltern in der DDR und in Cottbus Asyl suchte und heute in der Sachsendorfer Oberschule im sozialen Bereich tätig ist
– Boris Santa Coloma, freier Journalist und Bürgerrechtsaktivist, der früher für die kubanische Regierung die kubanischen Vertragsarbeitnehmer und Studenten in der DDR betreut hat
Interessierte Bürger sind herzlich eingeladen! Am Tag der Eröffnung ist der Besuch der Ausstellung kostenfrei.