Über den Jahreswechsel besuchte die geschäftsführende Vorsitzende des Menschenrechtszentrums Cottbus, Sylvia Wähling, zum siebten Mal in den letzten 2,5 Jahren das irakische Kurdistan. Am kommenden Dienstag, dem 30. Januar 2018, 19:00 Uhr hält sie in der Gedenkstätte Zuchthaus Cottbus (Bautzener Straße 140) den Vortrag „Irakisches Kurdistan – Hoffnung nach dem Krieg gegen den IS?“.
Jahrelang führte die kleine gebeutelte Kurdenregion, die nur eine autonome Region innerhalb des Iraks ist, einen Krieg gegen den so genannten Islamischen Staat (IS). Knapp zwei Millionen Jesiden, Christen und Moslems suchten Zuflucht bei den nur fünf Millionen Kurden und leben nach 3,5 Jahren heute noch unter erbärmlichen Verhältnissen in Flüchtlingslagern, die Kleinstädten ähneln. Der IS ist mittlerweile aus dem Irak weitgehend verdrängt, aber für die Menschen hat sich die Situation verschlimmert. Das Unabhängigkeitsreferendum in der Autonomen Region Kurdistan am 25. September hatte die Sperrung des internationalen Luftraums über Kurdistan zur Folge. Man kann nur über Bagdad oder die Türkei nach Kurdistan einreisen. Die Zentralregierung überweist seit Jahren kein Geld an Kurdistan, wozu sie laut Verfassung verpflichtet ist. Das Ergebnis ist, dass die Staatsbediensteten, was die Mehrheit der Einwohner Kurdistans sind, selten ein Gehalt bekommen. Dies führt zu einer wachsenden Verarmung der Bevölkerung, die nur durch die innerfamiliäre Solidarität aufgefangen wird. Die schiitische Miliz Haschd al-Schaabi, die von der irakischen Zentralregierung und dem Iran unterstützt wird, wütet in der erst vor kurzem vom IS befreiten Ninive Ebene. Die Christen, die hoffnungsvoll in ihre Städte zurückkehrten, müssen wieder Angst vor einer Zwangsislamisierung und Veränderung der demografischen Verhältnisse der Region haben. Auch Moslems flüchteten wieder aus Kirkuk und Mossul in Richtung Kurdistan. Und noch immer befinden sich seit 3,5 Jahren über 3.000 Jesidinnen und Jesiden in den Fängen des IS. Die Frauen und Mädchen wurden versklavt, massenweise zwangsverheiratet, misshandelt und vergewaltigt.
In ihrem Vortrag berichtet Sylvia Wähling von ihren eindrücklichen Erlebnissen, den Hoffnungen und Ängsten der Menschen, die sich auf Grund des Rückzugs des IS und des darauf folgenden mangelnden Interesses der internationalen Gemeinschaft am Schicksal der Menschen im Irak, im Stich gelassen fühlen. „Mit meiner letzten Reise, die einen privaten Charakter hatte, wollte ich mich mit den Menschen im Nordirak und ihrem Leid in dieser für sie schwierigen Zeit solidarisieren. Wenn wir ihre Hilferufe nicht ernst nehmen, werden sie weiterhin ihr Land aus Angst und Unsicherheit verlassen und ihren Weg zum sicheren Europa suchen“, sagt Sylvia Wähling, die schon bald wieder nach Kurdistan reisen wird.
Interessierte Besucher sind zum Vortrag herzlich eingeladen! Der Eintritt ist kostenfrei.
pm/red