Die Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) e.V. hat einen Überblick erstellt, wie es um den Berliner und Brandenburger Biomarkt steht, welche Voraussetzungen und Chancen es gibt und welche Trends warten.
Die Umsatzkurve der Berlin-Brandenburger Bio-Branche klettert auch in 2016 nach oben. Nach Erhebungen der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) liegt der Gesamtumsatz des regionalen Naturkostfachhandels (inklusive Direktvermarkter, Handwerksbetriebe und Lieferdienste) mittlerweile bei über 450 Millionen Euro. Dies entspricht einem Wachstum von ca. 5 Prozent.
Wachstumstreiber im Fachhandel sind nach wie vor die Bio-Supermärkte. Von 98 stieg deren Anzahl auf 108, ein Anstieg um über 10 %. Marktführer in der Region bleibt die Bio Company (46 Filialen), gefolgt von denn’s Biomarkt (32), Alnatura (15) sowie der LPG (8 Filialen). Und es geht weiter: Nach Kenntnisstand der FÖL sind in 2017 erneut mindestens 10 neue Bio-Supermärkte in Planung.
Erntefrisches Obst und Gemüse, Molkereiprodukte, Tiefkühlkost oder Getränke – Lieferdienste bringen ihren Kunden das Gewünschte, z.T. aus eigener Erzeugung, direkt an die Haustür oder ins Büro. Die Bestellung ist auf vielen Wegen möglich, besonders praktisch und schnell geht es online. Und wer die Lieferung nicht selbst annehmen kann, nutzt einfach die sogenannte Lockbox, eine nur vom Empfänger zu öffnende Kiste, die an der Tür verankert wird.
Die öffentliche Diskussion ums Tierwohl geht auch an der Bio-Branche nicht spurlos vorbei: Bei der Biomanufaktur Havelland, größter regionaler Erzeuger von Bio-Wurst- und Fleischwaren, erhöhte sich der Umsatz von 7,3 Millionen Euro auf 8,7 Millionen Euro. Was sich Havelländer Bio-Apfelschwein, Uckermärker Rind und Müritzlamm nennen darf, kommt von fünf Landwirtschaftsbetrieben aus dem Umland – das wissen die Kunden zu schätzen.
Immer beliebter und von den Kunden stark nachgefragt wird die mobile Bio-Hühnerhaltung. Diese tiergerechteste Form der Hühnerhaltung, die dem natürlichen Verhalten der Tiere maximal entgegen kommt, ist gerade bei bäuerlichen Betrieben, aber auch bei Existenzgründern, Neueinsteigern und Umstellern sehr beliebt. Der fahrbare Stall wird alle 1-3 Wochen umgesetzt, dadurch haben die Tiere stets frisches Grün, können nach Herzenslust picken, scharren und Staubbäder nehmen. Der regelmäßige Standortwechsel ist auch ökologisch und hygienisch vorteilhaft, weil eine Überdüngung im stallnahen Bereich vermieden sowie Keim- und Schädlingsdruck unterbunden werden. Abends geht es für die Tiere zum Schutz vor Fuchs und Marder in den Stall.
Berlin gilt zu Recht als Europas größter Bio-Markt. Die große Nachfrage nach regionaler Ware in Bio-Qualität ist ungebrochen – beste Marktchancen also für Erzeuger- und Verarbeitungsbetriebe. Besonders gefragt sind auf dem regionalen wie bundesdeutschen Markt folgende Produkte:
– Geflügelfleisch (v.a. Hähnchen und Pute)
– Schweinefleisch
– Eier (v.a. aus mobilen Stallsystemen)
– Gemüse (derzeit entspricht die Fläche des Tempelhofes Feldes in Berlin der Anbaufläche des gesamten Brandenburger Bio-Gemüses (ohne Kartoffeln))
– Stein- und Beerenobst
„Die Koalition wird den Anteil an Bio-Essen in Kindertagesstätten, Schulen, Kantinen, Mensen und beim Catering in öffentlichen Einrichtungen bis 2021 deutlich erhöhen. Nach dem Vorbild Kopenhagens wird in einem Modellprojekt mit Großküchen und Caterern gezeigt, wie der Anteil an Bio-Produkten, saisonalen und Frischzutaten durch Weiterbildung und Beratung weitgehend kostenneutral erhöht und wie Lebensmittelverschwendung und -verluste vermindert werden können. Um Wahlfreiheit zu gewährleisten sollen in Kantinen vegane, vegetarische und fleischhaltige Mahlzeiten angeboten werden.“
Im völligen Kontrast zur bundesweiten Dynamik und den nachhaltig wachsenden Absatzmöglichkeiten am regionalen Heimatmarkt (v.a. Einzelhandel und Außer-Haus-Verpflegung) steht die Entwicklung der Ökofläche in Brandenburg. Die bundesweit einmalige Netto-Stagnation über die letzten 10 Jahre ist umso bedeutender, als diese ausgerechnet in dem Moment einsetzte, als der Bio-Markt ansprang bzw. die vorherigen Vermarktungsreserven konventionell vermarkteter Bio-Ware aufgebraucht waren.
Zwischenstand Volksbegehren Massentierhaltung
Nachdem das Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg das bundesweit erste Volksbegehren zu einem Agrarthema mit 103.465 Unterschriften eindrucksvoll gewonnen hatte, verhandelte das Aktionsbündnis mit den Fraktionsvorsitzenden und agrarpolitischen Sprechern der Koalitionsfraktionen einen Kompromiss zum Volksbegehren. Zentrale Elemente: ein Paradigmenwechsel in der Stallbauförderung (Verzicht auf Mitnahmeeffekte, ausschließliche Förderung des Premiumstandards, die Koppelung der Förderung an die Fläche (2 GV/ha) und eine Reduzierung der AFP-Fördersumme bei Schwein und Geflügel um 25 %.), die Schaffung eines Tierschutzbeauftragten (mit definierten Kompetenzen und hauptamtlicher Ausstattung mit einer eigenen Geschäftsstelle) sowie ein Filtererlass für große Schweinemastställe.
Am 19. Dezember 2016 hatten sich in Groß Kreutz rund 200 Akteure zur Auftaktveranstaltung des Brandenburger Landestierschutzplanes getroffen. Wissenschaftlich begleitet vom Potsdamer Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB) und der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierzucht und Tierhaltung e.V. (LVAT) Groß Kreutz/Ruhlsdorf diskutierten / stritten die Teilnehmer über Sinn, Chancen und Umsetzbarkeit des Brandenburger Tierschutzplanes.
Vom 20. bis 29. Januar 2017 laden auf der Internationalen Grünen Woche die Aussteller des FÖL-Gemeinschaftsstandes, den der Verein mit Bioland, Biopark, Demeter, Naturland und Verbund Ökohöfe Nordost organisiert, in der Brandenburg-Halle 21 A die Besucher zum Kosten und Kaufen ein.