Widersprüchliche Entscheidungen von Oberlandesgerichten / Vergleiche / Was Verbraucher jetzt wissen müssen
Noch Ende März entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart erstmals zu Gunsten eines Verbrauchers, dessen gut verzinster Bausparvertrag gekündigt wurde. Anfang dieser Woche wiederum werteten die Richter des OLG Hamm die Kündigung eines Bausparvertrags als rechtens. Kurz vor einem weiteren Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart haben sich die Parteien nun auf einen Vergleich geeinigt. Auf Ebene der Oberlandesgerichte zeichnet sich keine einheitliche Linie ab. Was sollten Verbraucher jetzt wissen?
„Die aktuelle Einigung im Streitfall zwischen Sparer und Bausparkasse vor dem OLG Stuttgart kann eigentlich als Erfolg für den Verbraucher gewertet werden“, sagt Erk Schaarschmidt, Experte für Finanzen bei der Verbraucherzentrale Brandenburg. Das Einlenken der Bausparkasse steht möglicherweise mit der jüngsten Niederlage einer Bausparkasse vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht in Verbindung. So entschied das Gericht am 30. März erstmals zugunsten einer Verbraucherin, deren Bausparvertrag gekündigt wurde.
„Die letzten Urteile der Oberlandesgerichte zu Kündigungen von Bausparverträgen lassen bereits jetzt erahnen, dass eine richtungsweisende Entscheidung nur vom Bundesgerichtshof zu erwarten ist“, erklärt Schaarschmidt. Doch wie sollten Verbraucher mit laufendem Bausparvertrag auf ein Kündigungsschreiben reagieren? Was sollten Sie wissen? Erk Schaarschmidt gibt zu den wichtigsten Fragen eine Antwort.
Meine Bausparkasse teilte mir mit, dass mein Bausparvertrag gekündigt wird. Ist das nun rechtens oder nicht?
Nach unserer Ansicht ist eine Kündigung dann rechtswidrig, wenn die vertraglich vereinbarte Bausparsumme durch Einzahlungen, Zinsen und ggf. Boni noch nicht erreicht ist. Hier besteht ein vertraglicher Darlehensanspruch des Sparers in Höhe der Differenz des erreichten Guthabens zur Bausparsumme.
Den Ansparvertrag kann man auch als Kredit des Sparers an die Bausparkasse betrachten. Viele Kassen kündigen deshalb gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn zehn Jahre Vertragslaufzeit verstrichen sind. Das Gesetz schreibt aber vor, dass eine Kündigung erst zehn Jahre nach Empfang des vollen Darlehens (Bausparsumme erreicht) mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden kann, soweit diese Vorschrift für Ansparverträge überhaupt anwendbar ist.
Bis wann kann ich Widerspruch einlegen gegen die Kündigung?
Es gibt keine gesetzlichen Fristen. Dennoch sollte man sich innerhalb der Zeit zwischen Zugang der Kündigung und tatsächlicher Beendigung des Vertrages (Kündigungsfrist) gegen die Bausparkasse nachweislich zur Wehr setzen. Dann ist der Sparer auf der sicheren Seite.
Wie lege ich am besten Widerspruch gegen die Kündigung ein?
Wenn die Bausparkasse den Vertrag kündigt, in denen das Darlehen noch nicht beansprucht oder die Bausparsumme noch nicht erreicht ist, können Verbraucher den Musterbrief der Verbraucherzentrale Brandenburg nutzen, um zu widersprechen: www.vzb.de/musterbrief-bausparvertrag.
Wie geht es nach meinem Widerspruch weiter?
Man muss sehen, wie die Bausparkasse reagiert. Hält sie an der Kündigung fest oder antwortet nicht innerhalb der vom Sparer gesetzten Frist, kann Beschwerde beim Streitschlichter der privaten Bausparkassen oder bei den Landesbausparkassen kostenfrei eingereicht werden. Hilft auch der Streitschlichter nicht, sollten insbesondere rechtsschutzversicherte Bausparer eine Klage prüfen. Da bei einem Unterliegen vor Gericht schon in der ersten Instanz erhebliche Kosten entstehen können, muss eine Klage gut überlegt sein, zumal auch eine Berufung möglich ist.
Brauchen Sie Individuellen Rat, da auch Ihr Bausparvertrag gekündigt wurde? Dann nutzten Sie folgende Möglichkeiten der Verbraucherzentrale:
- in den Verbraucherberatungsstellen, Terminvereinbarung unter 0331 / 98 22 999 5 (Mo bis Fr, 9 bis 18 Uhr) oder online unter www.vzb.de/termine,
- am Beratungstelefon unter 09001 / 775 770 (Mo bis Fr, 9 bis 18 Uhr, 1 €/min a. d. dt. Festnetz, Mobilfunk abweichend) sowie
- per E-Mailberatung auf www.vzb.de/emailberatung
Über die Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. (VZB) ist die wichtigste Interessenvertretung der Brandenburger Verbraucher gegenüber Politik und Wirtschaft. Sie bietet unabhängige Verbraucherberatung, -information und -bildung zu zahlreichen Themen: Markt & Recht, Reise & Freizeit, Finanzen & Versicherungen, Lebensmittel & Ernährung, Medien & Telefon, Energie, Bauen & Wohnen. Zudem berät sie zu deutsch-polnischem Verbraucherrecht.
Darüber hinaus mahnt die VZB Unternehmen ab, die zu Ungunsten von Verbrauchern gegen geltendes Recht verstoßen und klärt die Öffentlichkeit über Verbraucherrechte, Abzockmaschen und Spartipps auf. Kürzlich feierte sie ihren 25. Geburtstag.
Aktuelle Informationen gibt es auf www.vzb.de und www.facebook.com/vzbrandenburg.
Quelle: Verbraucherzentrale Brandenburg