Michael Schierack, der Spitzenkandidat für die CDU in Brandenburg, hat sich für die kommenden Wahlen viel vorgenommen. Er appelliert unter anderem an den Stolz der Brandenburger und spricht sich für mehr Sicherheit und eine einheitliche Schulbildung aus. Das Bild, das von der Brandenburger CDU in diesen Tagen in den Medien kursiert, ist ein durchaus Positives. So wird der Arzt und Politiker als besonnen und „gut“ für die Brandenburger CDU dargestellt. Die Partei hat allerdings nicht immer ein so harmonisches und einheitliches Bild in der Öffentlichkeit abgegeben.
Die erste Landtagswahl und das Scheitern der CDU
Der Politikwissenschaftler und Soziologe Stephan Dreischer führt an, dass zwischen der Landtagswahl im Jahr 1990 und dem Beginn der Großen Koalition im Jahr 1999 viele Dispute und Meinungsverschiedenheiten das Bild der CDU in Brandenburg prägten. Mit Peter Michael Diestel, der sich mit Manfred Stolpe (SPD) ein rein östliches Aufeinandertreffen der Spitzenkandidaten im brandenburgischen Wahlkampf lieferte, stand ein sehr umstrittener Gefolgsmann in den Reihen der Partei. Diestel war wegen seines zögerlichen Vorgehens bei den Stasi-Aufklärungsaktionen in den Fokus geraten. Die erste Landtagswahl verlief für die CDU überaus enttäuschend. Wohingegen die Partei in den anderen Landesparlamenten deutliche Gewinne und Stimmen erzielen konnte, errang Sie in Brandenburg lediglich 29,5 Prozent und platzierte sich hinter der SPD.
Die Landtagswahlen 1994, 1999 und 2004
Eine Legislaturperiode später musste Sie erhebliche Verluste hinnehmen. Zurückzuführen sei das schlechte Abschneiden der CDU auf die starke Stellung des Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und das Erstarken der PDS. Obwohl sich ein dramatischer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel in den neuen Bundesländern einstellte, konnte kein poltischer Wandel in Brandenburg ausgemacht werden. Ein landestypischer Charakter kennzeichnete und kennzeichnet Brandenburg.[1] Durch die Erfahrungen mit der sozialistischen Staatsbürokratie im Osten unterscheidet sich die politische Kultur vom Westen besonders stark. So äußern sich diese Werte zum Beispiel in einer hohen Erwartung an staatliche Leistungen.[2] Im Jahr 1994 errang die SPD in Brandenburg eine absolute Mehrheit mit 54,1 Prozent der Zweitstimmen. Die CDU kam auf nur 18,7 Prozent.
Bei der Wahl im Jahr 1999 konnte sich die CDU dann rehabilitieren und erzielte fast 9 Prozentpunkte mehr.[3] Insgesamt stand der Landeswahlkampf im Schlagschatten der Bundespolitik. Der Kurs der „neuen Mitte“ unter Bundeskanzler Gerhard Schröder bewog ein Umdenken bei der Landes-SPD und zog neue Koalitionsmöglichkeiten, wie mit der PDS, in Betracht. Da der Parteivorsitz im Jahr 2002 wechselte, musste sich Jörg Schönbohm (CDU) im Wahlkampf 2004 mit Matthias Platzeck duellieren. Die Schlagworte Personalisierung und Polarisierung waren für diesen „hart umkämpften“ Schlagabtausch maßgebend. Laut Dreischer näherte sich die CDU in den Bereichen der Gleichstellung von „Ost und West“ sowie bei der „Bekämpfung der Kriminalität“ der SPD an. Seit 1990 gab es jedoch keine Konstellation in Brandenburg, in der die CDU tatsächlich hätte profitieren können. Negativ für die Partei war zudem die weitverbreitete Präferenz für eine sozialistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung im Osten der Republik.[4] Schlussendlich kam es im Jahr 2004 zu einem Kopf-an-Kopf Rennen zwischen der SPD und der PDS. Die CDU musste sich als Folge mit dem zweitschlechtesten Ergebnis bei einer Landtagswahl begnügen.
Die Wahl 2009 und Aussichten für die CDU
Die Landtagswahl vor fünf Jahren fiel mit der Bundestagswahl zusammen. Die Wahlbeteiligung fiel dementsprechend höher aus (67 Prozent). Wissenschaftler führen an, dass nationale Wahlen in der Bevölkerung als Hauptwahlen angesehen und damit stärker wahrgenommen werden. „Der Posten des Ministerpräsidenten wurde Platzeck quasi kampflos im Wahlmarathon überlassen“.[5] Die beiden Kontrahenten Johanna Wanka für die CDU und Kerstin Kaiser für die PDS konnten dem Spitzenkandidaten der SPD kaum Paroli bieten. Am Wahltag wurde die SPD die stärkste Partei mit 33,0 Prozent der Zweitstimmen, vor der PDS mit 27,2 Prozent und der CDU mit 13,2 Prozent.
Die CDU leidet unter mehreren Problemen in Brandenburg. Zu den bereits genannten landesspezifischen Gründen, gesellt sich eine tendenziell sinkende Wahlbeteiligung und eine steigende Unzufriedenheit mit der Politik. Besonders zwischen 1990 und 1999 brachten die mangelnde Geschlossenheit der Partei, das Personalangebot und die Wahl der Themenschwerpunkte die CDU in Brandenburg ins Abseits. Dreischer betont, dass die CDU vor allem die Wähler gewinnen sollte, die sich bei der Linken „wohl fühlen“. Neben dem Schwerpunkt der sozialen Gerechtigkeit, sollte Glaubwürdigkeit und eine bessere Außendarstellung in den Fokus rücken. Die Landtagswahl in Sachsen zeigt jedoch, dass die „etablierten“ Parteien wachsam sein müssen. Mit der AfD (Alternative für Deutschland) ist ein weiterer Konkurrent hinzugekommen. Trotz einer besseren Öffentlichkeitsarbeit und einem zeigbaren Spitzenkandidaten wird die Partei wohl weiter in Brandenburg um Stimmen kämpfen müssen.
[1] Siehe dazu Kaina, Victoria/ Tilo Görl: „Wir in Brandenburg“ – und dann eine Weile nichts? Der Einfluss der Bundespolitik auf die Landtagswahlen in Brandenburg, in: Völkl/ Schnapp/ Holtmann/ Gabriel (Hrsg.): Wähler und Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 2008, S. 326.
[2] Siehe dazu Greiffenhagen, Martin und Sylvia: Politische Kultur, in: Andersen, Uwe/ Wichard Woyke (Hrsg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, Wiesbaden 2009, S. 565.
[3] Neben einer Großen Koalition als Regierungsbündnis brachte diese Landtagswahl ein weiteres Novum hervor, der Erfolg der rechtsextremen DVU.
[4] Siehe dazu Dreischer im Buch Parteien in Brandenburg auf S. 114.
[5] Vgl. Berg, Stefan: Wahlkampf in Brandenburg. Platzeck im Land des Lächelns, in: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,650337,00.html vom 21.09.2009.